Trotz des aufgeladenen Themas – die Stimmung im Casinosaal Amberg war von Anfang bis Ende respektvoll. Ein Bündnis aus der Jüdischen Gemeinde Amberg, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Oberpfalz und der Gewerkschaft ver.di hatte im Rahmen der bundesweiten Aktionswochen gegen Antisemitismus zu einem Aufklärungsabend in Amberg eingeladen. Ziel war es, den Hintergründen des Nahost-Konflikts und seinen Auswirkungen auf den Grund zu gehen.
Dazu referierte Prof. Dr. Stephan Grigat, Leiter des „Centrums für Antisemitismus- und Rassismusstudien“ an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen. Er brachte den historischen Kontext mit: Nach dem Ersten Weltkrieg stand das Gebiet Palästina unter britischem Mandat. 1948 sollte es in einen jüdischen und einen arabischen Staat geteilt werden – ein Vorschlag, den die arabische Seite ablehnte. Laut Grigat war antisemitische Ideologie in der Region bereits durch die Nationalsozialisten verbreitet worden und habe sich in vielen arabischen Staaten bis heute verfestigt.
Zwischen Kritik und Antisemitismus
Grigats Vortrag zeichnete ein vielschichtiges Bild: Israel sei einerseits Opfer äußerer Aggressionen, andererseits berge die derzeit sehr rechte Regierung des Landes selbst ein erhebliches Gefahrenpotenzial. Kritik an Israels Politik sei wichtig, betonte er, und werde in Israel selbst oft am schärfsten geübt.
In der Diskussion hierzulande verschwimmen allerdings häufig die Linien zwischen Israel-Kritik und Antisemitismus – das empfindet der Amberger Rabbiner Elias Dray. Antisemitische Straftaten in Deutschland befinden sich auf dem höchsten Stand seit 1945. Seit dem Wiederaufflammen des Krieges in Gaza zeigen viele Menschen Solidarität mit der leidenden Bevölkerung – gleichzeitig werden Juden immer häufiger als vermeintliche Verursacher des Leids attackiert.
Der Abend in Amberg machte deutlich: Die Hintergründe des Nahost-Konflikts lassen sich nicht in wenigen Minuten erklären. Grigat spricht beispielsweise auch die Rolle des Irans an, dessen Regierung offen die Vernichtung Israels bis 2040 anstrebt. Derzeit herrscht eine fragile Waffenruhe in Israel und den palästinensischen Gebieten. Frieden wünschen sich viele – und er ist möglich, laut Grigat. Bis dahin seien aber noch viele komplizierte Schritte nötig.
(sb)