Wenn wir von Mittelaltermusik reden, denken viele wahrscheinlich an Klänge, die sie zum Beispiel auf einem Mittelaltermarkt gehört haben. Oder vielleicht in historischen Filmen. Aber klang die Musik im Mittelalter wirklich so, wie wir es uns heute vorstellen? Um dieser Frage nachzuspüren, gehen wir in den Geschichtspark Bärnau-Tachov. Dort hat sich nämlich einen Tag lang alles um die Musik des Mittelalters gedreht.
Musik nicht ständig verfügbar so wie heute
Alois Meindl spielt in der Kirche im Geschichtspark ein Lied aus dem Hochmittelalter vor, geschrieben von Hildegard von Bingen. Der 73-Jährige interessiert sich seit seiner Kindheit für die Musik des Mittelalters. Einer der größten Unterschiede zu unserer Musik von heute: Damals war natürlich alles live. „Klar, es gab ja keine Konserven!“, erklärt Meindl lachend. Musik gab es vor allem, wenn Spielleute im Ort vorbeikamen, oder wenn die Obrigkeit Feste feierte.
Spielleute – das war fahrendes Volk, das seinen Lebensunterhalt mit Musik, Tanz und Gauklerei verdient hat. Auch einfache Hirten oder Bauern haben im Frühmittelalter wohl schon selbst Musik gemacht.
Aber die Wahrheit ist: Vieles über die Musik im Mittelalter wissen wir schlichtweg nicht. „Wir wissen, was in den Klöstern aufgeschrieben worden ist. Also an klerikaler Musik“, erklärt Meindl. „Aber wie die Musik bei Festen auf dem Marktplatz, wenn die Spielleute aufgetreten sind, sich angehört hat – das können wir heute nicht mehr sagen.“
Aufzeichnungen erst ab dem Hochmittelalter
Denn: Vor allem aus den früheren Jahrhunderten des Mittelalters existieren keine schriftlichen Aufzeichnungen. Erst um circa 1200 entwickelte sich eine Vorläuferform unserer heutigen Notenschrift. Aus dem Hoch- und Spätmittelalter sind hingegen schon Melodien und Liedtexte überliefert. Worüber die Menschen im Mittelalter gesungen haben, unterscheidet sich gar nicht so sehr von heutigen Liedern. „Über Liebe natürlich, auch damals schon!“, sagt Meindl lachend. „Aber auch über sozialkritische und natürlich über klerikale Themen.“
Fahrende Spielleute hatten im Mittelalter keinen besonders guten sozialen Stand. Sie wurden eher abfällig betrachtet – ganz im Gegensatz zu den Musikern von heute, die oft sogar richtig verehrt werden.
(az)