Do., 13.04.2023 , 13:50 Uhr

Regensburg

Diskussionen um Atomkraft-Aus

Am Samstag sollen in Deutschland die letzten drei Kernkraftwerke vom Netz gehen. Die Diskussionen darüber halten an.

Stehen wir bei der Energieversorgung bald im Regen? Am kommenden Samstag gehen die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz. Dann fehlen Deutschland fünf Terrawattstunden Energie. Zum Vergleich: Während in Bayern um jedes Windrad akribisch gerungen wird, liefern die drei AKWs so viel Energie wie 7.500 Windkraftanlagen. Andererseits: Fünf Terrawattstunden entsprechen gerade mal einem Prozent des Strombedarfs in Deutschland, rechnet Kilian Harbauer vom Bürgerdialog Stromnetz vor. Der Primärenergiebedarf ist sogar noch sieben Mal höher.

Heißt: Deutschland ist abhängig vom europäischen Strommarkt – und damit auch von ausländischen Atomkraftwerken. Denn während Deutschland aus der Kernenergie aussteigt, erlebt diese weltweit einen Boom. 439 Anlagen sind weltweit in Betrieb, 445 sind derzeit in Planung oder in der Vorplanung, nur 30 sollen bis 2030 abgeschaltet werden.

Der Vorteil der Energiegewinnung durch Atomkraft: Es werden weniger als ein Zehntel der Treibhausgasemissionen frei wie bei fossilen Brennstoffen. Trotzdem freut sich Stefan Schmidt, Grünen-Abgeordneter aus Regensburg, auf die Abschaltung am Samstag.

4.800 Störungen in deutschen AKWs
Die Grünen haben sich in den 1980er Jahren auch mit dem Kernziel, die Kernenergie abzuschaffen gegründet. Die Atommüll-Frage will Deutschland bis 2031 klären, wird aber voraussichtlich extrem teuer. Dazu kommen die Sicherheitsrisiken. Mehr als 4.800 meldepflichtige Störungen oder Störfälle sind in deutschen AKWs registriert worden.

Umfrage: Atomausstieg ja oder nein?

Trotzdem will Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Atomkraftwerke in zwei Jahren wieder in Betrieb nehmen, sollte die Union die Bundestagswahl gewinnen – sagt er heute gegenüber Focus Online. Denn:

Es ist ein grundlegender Fehler, Ideologie vor Vernunft zu setzen. Die Abschaltung der Kernenergie ergibt aus pragmatischen Gründen zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn. Deutschland braucht bezahlbaren, verlässlichen und CO2-freien Strom. All das liefert die Kernenergie. Solange die Krise andauert und der Übergang zu alternativen Energien noch nicht komplett organisiert ist, ist es besser, weiter auf Kernkraft statt auf Kohle zu bauen.

Markus Söder, CSU am 13. April bei Focus Online

Die meisten Energieversorger plädieren inzwischen für einen anderen Weg. Denn Atomstrom ist auch teuer – schon bei der Produktion kostet eine Kilowattstunde 13 Cent. Das ist deutlich mehr als bei den fossilen Energieträgern – und eben auch deutlich mehr als bei den Erneuerbaren Energien. Ein europäisches Netz aus Erneuerbaren sei laut Kilian Harbauer daher sinnvoll – irgendwo in Europa wehe immer der Wind oder scheine immer die Sonne.

Die Energieversorgung der Zukunft bleibt ein Schlingerkurs. Im Oktober gingen für die Energiesicherung wieder zwölf Kohlekraftwerke ans Netz – und emittieren damit zusätzliche Tonnen Treibhausgase, die das Klima erwärmen. Für manche passt daher die Stimmung aufgrund des Atomkraft-Aus am Samstag zum trüben Regenwetter.

(mz)

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