6.236 antisemitische Straftaten. Diese Zahl hat die Polizei vergangenes Jahr in Deutschland erfasst. Es ist ein neuer trauriger Rekordwert: in den vergangenen zehn Jahren sind antisemitische Straftaten, darunter auch Gewalttaten gegen Juden, stark angestiegen. Es sind Zahlen, die zeigen, wie wichtig aktuell Engagement für Toleranz ist. Genau darauf wollte die Marktgemeinde Moosbach jetzt mit einem Themenabend aufmerksam machen – und hat dafür Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, eingeladen.
Bei dem Gesprächsabend, geleitet von OTV-Moderator Michael Zeitler, berichtet Knobloch unter anderem über ihre allerersten Erfahrungen mit Antisemitismus, als sie als Vierjährige mit anderen Kindern spielen wollte. „Ich rüttelte an dem verschlossenen Zaun, der sonst immer offen gewesen war“, erinnert sie sich. „Dann kam schon die Hausmeisterin und sagte mir: ‚Geh nach Hause. Unsere Kinder dürfen nicht mit einem Judenkind spielen.‘“ An dieser Stelle macht Knobloch eine lange Pause. Im Raum ist es still. Dann erzählt sie weiter: „Das war natürlich für mich vollkommen unverständlich, weil ich nicht gewusst habe, was ich mit dem Wort Jude anfangen soll.“
Ein Abend „Gegen das Vergessen“
Der Anstoß zu der Veranstaltung unter dem Motto „Gegen das Vergessen“ kam von Bürgermeister Armin Bulenda und Josef Rauch, einem Mittelschullehrer im Ruhestand. Der Bürgermeister habe gemerkt, dass immer weniger Menschen zu Gedenkveranstaltungen wie dem Volkstrauertag kommen würden. „Und wir haben zunehmenden Nationalismus und Antisemitismus.“, erklärt Rauch. „Ich fand es wichtig, dass man das in der Öffentlichkeit – noch dazu mit so einer Frau wie Charlotte Knobloch – thematisiert und dann vielleicht manche doch zum Nachdenken bringt.“
Antisemitische Straf- und Gewalttaten sind in Deutschland in den vergangenen Jahren wieder stark gestiegen, zuletzt auf mehr als 6000 im Jahr 2024. Charlotte Knobloch hat das Gefühl, seit dem Angriff der Hamas auf Israel sei der Hass wieder übergekocht. Wieder einmal würden sich Juden in Deutschland nicht mehr sicher fühlen. „Ich mache mir große Sorgen wegen der AfD“, erklärt Knobloch mit Blick auf die Zukunft. „Ich will diese Partei nicht mit Hitler vergleichen. Aber die Art und Weise erinnert mich schon an die 1930-er Jahre.“ Die Deutschen müssten keine kollektive Schuld tragen, betont Knobloch – aber eine Verantwortung, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.
Persönliche Einladung nach München
Charlotte Knobloch freut sich sehr darüber, dass der Rathaussaal voll besetzt war und lädt am Ende der Veranstaltung alle Anwesenden zu einem Besuch der Synagoge in München ein. Bürgermeister Bulenda freut sich sehr über diese Einladung und kündigt an, im kommenden Jahr eine gemeinsame Busfahrt zu organisieren.
(az)