Do., 03.11.2022 , 14:32 Uhr

Flossenbürg

KZ-Überlebender Jack Terry gestorben

Als Überlebender des KZ Flossenbürgs hat Jack Terry viele Jahre wichtige Erinnerungsarbeit geleistet. Nun ist er im Alter von 92 Jahren gestorben.

Es ist schwer, die Situation mit gebräuchlichen Wörtern zu beschreiben. Wenn ich von Hunger spreche, dann beschreibt das nicht den Hunger, den ihr kennt, wenn ihr einen Tag nichts gegessen habt. Das ist nicht dasselbe. Das ist nicht derselbe Hunger. Das Wort beschreibt nicht dasselbe.

Jack Terry

Jack Terry versucht die Gräueltaten des Nazi-Regimes im KZ Flossenbürg zu beschreiben und bildhaft zu machen. Wohlwissend, dass der deutsche Wortschatz dafür nicht ausreichend ist, hat Terry mit seinen Erzählungen Menschen Gänsehaut verpasst. Am vergangenen Samstag ist er im Alter von 92 Jahren an einer kurzen, schweren Krankheit gestorben – in den Armen seiner Freunde. Professor Jörg Skriebeleit, der Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, ist vor allem eine Aussage von Jack Terry unter die Haut gegangen.

Jack Terry, 1930 als Jakub Szabmacher in Polen geboren, war Jude. Mit neun Jahren ist seine Kindheit beendet – die Nazis überfallen Polen. Seine Mutter und seine Schwester werden vor seinen Augen erschossen. 1944 wird er ins KZ Flossenbürg eingeliefert und überlebt mit 15 Jahren das Grauen des KZs.

In den vergangenen fünf Jahren hat er sich aus der Erinnerungsarbeit zurückgezogen. Zuvor war ihm diese eine Herzensangelegenheit, denn:

Denn der Tod von so vielen Millionen Menschen sollte nicht vergessen werden. Und wenn es einmal passiert, dann kann es wieder passieren. Wir müssen alles tun, was wir können, dass wir das nicht mehr wiederholen.

Jack Terry

(mz)

Trauer um KZ-Überlebenden Jack Terry

MÜNCHEN. Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten trauert um Jack Terry, der am 30. Oktober 2022 im Alter von 92 Jahren in München verstorben ist. Terry war langjährig ein engagiertes Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und Sprecher der ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers Flossen¬bürg. „Die Nachricht vom Tod Jack Terrys erschüttert uns zutiefst. Deutschland hat einen wichtigen Zeitzeugen, wir einen engagierten Mitstreiter verloren,“ so der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller. „Seinen Angehörigen gilt unser tiefes Mitgefühl.“

Michael Piazolo, Kultusminister und Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, würdigt Jack Terry als bedeutenden Zeitzeugen: „Der Tod von Jack Terry ist ein großer Verlust für Bayern. Als Sprecher der ehemaligen Häftlinge des KZ Flossenbürg und Mitglied des Stiftungsrats der Stiftung Bayerische Gedenkstätten war Terry ein Mahner gegen das Vergessen des Naziterrors. Mit seiner Geschichte und seiner Persönlichkeit stand er für Toleranz und Versöhnung. Wir werden seine Stimme vermissen. Sein Erbe verstehen wir als Auftrag, uns hier und heute gegen Krieg, Gewalt und Diskriminierung einzusetzen!“

Jack Terry wurde 1930 in Belzyce bei Lublin (Polen) als Jakub Szabmacher geboren. Im Oktober 1942 wurde die Familie Szabmacher von dort vertrieben und Anfang 1943 aus dem Ghetto Belzyce in das Lager von Budzyn verschleppt. Am 8. Mai 1943 wurden vor seinen Augen seine Mutter und seine Schwester erschossen.

1944 kam Terry nach einer Zwischenstation in Wieliczka, wo er in der Flugzeugproduktion eingesetzt wurde, in das KZ Flossenbürg: Zunächst musste er im Steinbruch arbeiten, später in der Flugzeugproduktion und zum Ende in der Häftlingswäscherei. Am 8. April 1945 begann die SS unter dem Druck der heran¬rückenden Truppen der US-Armee mit der Evakuierung des Lagers in Flossenbürg. Mithäftlinge versteckten den 15-jährigen Terry in einem Rohrtunnel, der von der Wäscherei in die Küche führte. Als die US-Armee das Lager am 23. April 1945 einnahm, war er der jüngste Häftling. Als einziges Mitglied seiner Familie überlebte er den Holocaust. Ein Colonel aus der befreienden Division nahm sich des Waisenjungen an und nahm ihn mit in die Vereinigten Staaten. Jack Terry lebte seit dem in New York City, wo er als Psychoanalytiker arbeitete. Zu seinen Patienten gehörten auch ehemalige KZ-Häftlinge.

Seit 1995 kehrte er anlässlich der Jahrestage der Befreiung des Lagers regelmäßig nach Flossenbürg zurück. Er war engagiertes Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und Sprecher der ehemaligen Häftlinge des Konzen¬trationslagers Flossenbürg. Im Jahr 2005 veröffentlichte er seine Lebensgeschichte unter dem Titel „Jakubs Welt“. Für sein herausragendes bürgerschaftliches Engagement wurde Terry 2007 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.

Pressemitteilung Stiftung Bayerische Gedenkstätten

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