Fast 3000 Polizisten wurden in Bayern 2024 durch Angriffe verletzt. Das ist der zweithöchste Wert seit Beginn der Datenerfassung im Jahr 2010. Das Bayerische Innenministerium hat sein Lagebild 2024 zu Gewalt gegen Polizeibeamten vorgestellt. Auch in der Oberpfalz wurden viele Polizisten m Dienst beleidigt, bedroht oder gar verletzt.
625 Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte meldet das Polizeipräsidium Oberpfalz. Das sind 25 weniger als 2023. Insgesamt wurden dabei 1.561 Polizisten geschädigt, 62 mehr als im Jahr zuvor. Auch Verletzte hat es gegeben: „252 Beamte wurden im Dienst verletzt, davon einer schwer“, erklärt Corinna Wild, Sprecherin der Polizeipräsidiums Oberpfalz. Das sei ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, aber trotzdem der zweithöchste Wert im Zehn-Jahres-Vergleich.
Tatverdächtig oft männlich und betrunken
Die meisten Delikte waren tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte. Darauf folgen Beleidigungen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohungen. Zu den Tatverdächtigen: Bayernweit waren rund 68 Prozent der Tatverdächtigen Deutsche. „In der Oberpfalz waren mehr als drei Viertel der Tatverdächtigen Männer und mehr als die Hälfte aller Tatverdächtigen stand unter dem Einfluss von berauschenden Mitteln“, erklärt Wild. Das sei in den vergangenen Jahren auch schon ähnlich gewesen.
„Respekt in der Gesellschaft geht verloren“
Uli Grötsch bezeichnet die vorgestellten Zahlen als alarmierend. Grötsch war früher selbst Polizist, dann SPD-Bundestagsabgeordneter aus Weiden und ist seit gut einem Jahr Polizeibeauftragter des Bundes. Als solcher kümmert er sich sowohl um die Anliegen von Polizisten als auch von Bürgern. Gewalt gegen Polizisten sei in den vergangenen Jahren ein wachsendes Problem geworden, so seine Erfahrung. „Meiner Meinung nach spiegelt das ein Stück weit die gesellschaftliche Entwicklung wider“, erklärt Grötsch gegenüber OTV. „Der Respekt ist in vielen Bereichen unserer Gesellschaft meinem Eindruck nach verloren gegangen. Ich höre in meiner Arbeit jeden Tag von massiven Beleidigungen, vor allem gegen Beamtinnen.“ Grötsch fordert eine konsequente rechtliche Verfolgung von Tatverdächtigen. Das Strafgesetzbuch sieht bei tätlichen Angriffen auf Einsatzkräfte Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vor.
Tatverdächtige in psychischen Ausnahmesituationen
Außerdem müssten Polizisten geschult werden, wie sie mit Tatverdächtigen in psychischen Ausnahmesituationen umgehen sollen. „Das stellt Polizisten nochmal vor ganz andere Herausforderungen.“, betont Grötsch. „Ein Beamte hat vor kurzem zu mir gesagt: ‚Ich bin ja Polizist und kein Psychologe‘ und damit hat er natürlich recht“. Solche Fälle begegneten Polizisten heute viel häufiger als früher. Außerdem sei es wichtig, dass psychosoziale Dienste, die auf die Hilfe von Menschen in Krisensituationen spezialisiert sind, gut besetzt sind, betont Grötsch.
(az)