Di., 08.04.2025 , 10:54 Uhr

Die Holocaust-Opfer aus Weiden

"Jüdische Familien – Schicksale hinter den Stolpersteinen in Weiden in der Oberpfalz". Dieses neue Buch soll einen persönlichen Blick auf die Weidener Opfer des Holocaust ermöglichen.

1933 lebten in Weiden rund 200 Juden – 1945 war keiner von ihnen mehr übrig. Wer nicht rechtzeitig geflohen war, der wurde im Unrechtsregime der Nationalsozialisten ermordet. Menschen, die bis 1933 vollkommen selbstverständlich Teil der Stadtgemeinschaft waren, wurden Stück für Stück ausgerottet.

Tragisches Schicksal zweier Familien

Eine von ihnen war Hannelore Kahn. Mit gerade einmal 13 Jahren ist das jüdische Mädchen von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet worden. Damit ist sie das jüngste Holocaust-Opfer aus der Stadt Weiden. In der Oberen Bachgasse erinnert heute ein Stolperstein an Hannelore und an ihre Verwandten, die Familien Kahn und Hutzler. „Diese Familien haben ein ungewöhnliches Schicksal, das bis vor circa einem Jahr noch unbekannt war“, erzählt Christine Ascherl. Die Journalistin und Autorin beschäftigt sich bereits seit Jahrzehnten mit der Weidener Stadtgeschichte und hat viel über die Juden aus Weiden recherchiert.

„Lange dachte man, dass die beiden Väter ihre Familien im Stich gelassen haben. Julius Kahn und Hugo Hutzler wurden in der Reichspogromnacht deportiert. Danach gab es ein Programm in Großbritannien, das jüdischen Verfolgten die Ausreise ermöglichte“. Das nutzten die beiden Männer, mit der Absicht, ihre Familien ebenfalls nach England zu holen.

Deportation nach Australien

Dazu kam es jedoch nicht mehr. Julius Kahn und Hugo Hutzler wurden in England inhaftiert. Versehentlich verdächtigte man sie als potenzielle deutsche Spione. Mit der „HMT Dunera“ wurden sie – wie weitere zweitausend Juden – nach Australien deportiert. Als England seinen Fehler erkannte und die beiden Väter 1942 freikamen, war es für ihre Frauen und Kinder zu spät.

Aus Nachbarn wurden Verfolgte

Die Familien Hutzler und Kahn waren zwei von insgesamt 40 jüdischen Familien, die in den 1930-er Jahren in Weiden lebten. Insgesamt rund 200 Juden, die hier arbeiteten, Freundschaften pflegten, Teil der Stadtgesellschaft waren. „Die Juden waren bestens integriert“, erklärt Ascherl. Sie waren in Vereinen, an den Weidener Schulen, Dr. Berthold Rebitzer war zum Beispiel Hausarzt von Max Reger. „Deswegen haben wohl auch so viele gezögert, auszuwandern. Sie dachten, uns kann doch hier nichts passieren.“, so Ascherl. Auch wenn die jüdischen Bürger hier Nachbarn und Freunde hatten – es schützte sie nicht vor den brutalen Übergriffen der SA in der Reichspogromnacht 1938. Nach dieser Nacht deportierten die Nationalsozialisten 23 jüdische Männer nach Dachau.

An sie und die weiteren ermordeten Juden erinnern heute 47 Stolpersteine in Weiden. Damit diese Schicksale greifbarer werden, hat Christine Ascherl sie in einem Buch zusammengetragen. Das Buch „Schicksale hinter den Stolpersteinen in Weiden in der Oberpfalz“  erinnert an diese Menschen und an das Unrecht, das ihnen widerfahren ist.

(az)

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