Suchtmittel müssen nicht immer Alkohol oder Drogen sein – Sucht kann auch in Form einer Glücksspielstörung das Leben von Menschen kontrollieren. Ein Mann aus der nördlichen Oberpfalz hat das am eigenen Leib erlebt. Er erzählt uns seine Geschichte, möchte aber unerkannt bleiben.
Als junger Mann ging er in seiner Freizeit mit Freunden das erste Mal in Spielhallen. Innerhalb von kurzer Zeit nahm das Spielen einen immer größeren Raum in seinem Leben ein – bis zur Abhängigkeit. „Es zählt dann nur der Automat und ich“, erinnert er sich. „Alles drum herum ist weg. Du bist dann angespannt, spürst das Adrenalin, es ist ein auf und ab… Es sind Gefühle, die hat man im normalen Leben dann nicht mehr. Im normalen Leben außerhalb der Spielhalle ist man dann permanent traurig und enttäuscht.“
Das Glücksspiel ist für ihn Realitätsflucht. Eine Realität, in der er mit dem Tod seiner Mutter und mit schwierigen Familienverhältnissen kämpft. Schon bald hat er finanzielle Probleme, macht immer mehr Schulden. „Wenn alle anderen Wege ausgenutzt sind, um an Geld zu kommen, dann geht es los, dass man Familie und Freunde belügt.“, erinnert er sich. Er habe das nicht gewollt, so jemand sei er eigentlich gar nicht, erzählt der Betroffene. Aber die Sucht sei übermächtig gewesen.
Suchtberater bei der Caritas kennen solche Probleme
87 Menschen haben sich im vergangenen Jahr wegen Glücksspielsucht an die Caritas Weiden-Neustadt gewandt und Hilfe bei der Suchtberatung gesucht. Deutschlandweit sind rund 1,3 Millionen Menschen betroffen. Warum Menschen in eine Glücksspielsucht abrutschen, hat oft ähnliche Gründe, erklärt Suchtberaterin Eva Vitzthum. „Neben der Realitätsflucht ist es oft auch eine Methode, um die eigenen Emotionen zu regulieren. Und manche suchen auch nach diesem Kick, nach dem Adrenalin.“. Sensation Seeking nennen das Experten. Die Suche nach diesem Kick kann dazu führen, dass Menschen buchstäblich ihre ganze Existenz verspielen. Oft sind Scham und Schuldgefühle darüber so groß, dass sich Betroffene keine Hilfe suchen.
Doch Hilfe gibt es in verschiedenen Formen: Zum Beispiel online. Portale wie PlayChange oder Digisucht bieten kostenlos Beratung an, auch anonym. Spielsüchtige können sich auch beim bundesweiten System Oasis bei Glücksspielanbietern sperren lassen. Und natürlich finden Betroffene auch vor Ort bei den Fachambulanzen für Suchtberatung der Caritas Hilfe. Dort gibt es auch eine Selbsthilfegruppe, die sich immer in den ungeraden Kalenderwochen trifft. „Vielen tut es sehr gut, mit Menschen zu sprechen, die das gleiche erlebt haben und Verständnis zu erfahren“, so Vitzthum.
Therapie nach 13 Jahren Suchtgeschichte
Unser Gesprächspartner hat 13 Jahre lang versucht, alleine gegen die Sucht anzukämpfen – schließlich holte er sich Hilfe bei der Caritas und machte eine Therapie. Heute hat er keine Angst mehr, erneut in die Abhängigkeit zu rutschen. „Es gab seitdem keinen Rückfall, ich habe nie wieder ans Spielen gedacht“. Er will nie wieder zurück in die Abhängigkeit.
Die gute Nachricht: Insgesamt nehmen heute deutlich weniger Menschen überhaupt am Glücksspiel teil als noch vor 15 Jahren. Die Botschaft am heutigen Aktionstag Glücksspielsucht: Wer dennoch in eine Abhängigkeit rutscht, kann über viele verschiedene Wege Hilfe bekommen.
(az)