„Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, ob unser Leben einen Wert hat? Wenn ja, sind Leben dann unterschiedlich viel wert? Und in welcher Einheit misst man den Wert des Lebens?“ Mit diesen Fragen beginnen die jungen Darsteller der Theaterwerkstatt Blickwechsel ihr Stück mit dem Titel „Stimmen“. Es beschäftigt sich mit den sogenannten Euthanasie-Morden während des Nationalsozialismus in Deutschland. Menschen, die behindert oder psychisch krank waren, betrachteten die Nationalsozialisten als wertlos – und ermordeten sie deswegen zu hunderttausenden.
Es ist ein zutiefst unmenschliches Kapitel der Geschichte, das das Theaterstück greifbar machen soll. „Wir haben versucht, eine Form zu finden, wie wir dieses Thema mit jungen Menschen zeigen können“, erklärt Thomas Ritter, Leiter der Theaterwerkstatt. „Wir wollten inhaltlich etwas vermitteln, aber wir wollten im Stück auch den Opfern eine Stimme geben“.
Die Theatergruppe kommt aus der Stadt Haar bei München, wo die Nazis im dritten Reich eine Tötungsanstalt betrieben. Die Darsteller – Jugendliche und junge Erwachsene von 12 bis 28 Jahren – haben sich intensiv mit dieser Geschichte auseinandergesetzt. Das sei manchmal auch schwer zu verarbeiten gewesen, erzählen sie uns. Aber: Das Stück habe ihnen geholfen, mit dem Thema umzugehen.
Die Darsteller machen in ihren Szenen Mechanismen der Ausgrenzung und Stigmatisierung sichtbar, zum Beispiel, wenn sie die Zuschauer auffordern, sich in „jung“ und „alt“ aufzuteilen Und sie wollen an die Getöteten erinnern und ihnen eine Stimme geben. Die Zuschauer in Flossenbürg zeigten sich bewegt – und zeigten das am Ende mit Standing Ovations.
(az)