Mo., 04.08.2025 , 13:53 Uhr

Amberg

Warum ein Christopher Street Day wichtiger denn je ist

250 Menschen sind am Wochenende in Amberg für Vielfalt, Toleranz und sexueller Selbstbestimmung auf die Straße gegangen. Queere Menschen erleben immer öfter Anfeindungen.

Bunt gekleidet, auffällig frisiert und mit Botschaften beschildert ziehen am Wochenende 250 Menschen durch die mittelalterliche Stadt Amberg. Sie wollen, dass veralterte Werte eben dort zurückbleiben – im Mittelalter. Stattdessen fordert die queere Gemeinschaft am Christopher Street Day Toleranz, Vielfalt, sexuelle und menschliche Selbstbestimmung. Schwule, Lesben, Transgender oder andere queere Menschen erfahren zuletzt nämlich wieder verstärkt Anfeindungen.

Zahlen bestätigen die subjektive Wahrnehmung queerer Menschen objektiv – und in alarmierendem Ausmaß: Gab es deutschlandweit 2004 aufgrund der sexuellen Orientierung 48 Straftaten, waren es 2014 schon 184 und zuletzt sogar 1765. Ein Rekordwert. Die Zahl der Gewalttaten ist von vier im Jahr 2004 auf 253 im Vorjahr gestiegen.

Keine Bedrohung durch Evangelikale

Bei zahlreichen CSD-Veranstaltungen in Deutschland kam es zuletzt zu Bedrohungen oder Zwischenfällen. In Amberg hat die Polizei ihr Einsatzteam für das Wochenende daher vergrößert. Zumal es laut Organisatoren Hinweise darauf gab, dass Evangelikale – also erzkonservative, rechte Christen mit Zentrum in der USA – eine Gegenveranstaltung angekündigt haben. Laut Polizei verlief der CSD allerdings friedlich. Der evangelische Pfarrer Johannes Amberg spendete queeren Menschen den Segen und verurteilte Christen, die queere Menschen als nicht gottgewollt ablehnen. Gott liebe seine Menschen bunt.

Für das Organisationsteam von Kunderbunt Amberg und Phillip Pietsch ist ein CSD neben der zunehmenden Ressentiments gegen queere Menschen aus einem zweiten Grund in diesen Tagen wichtig: die Sichtbarkeit.

Fortschritte trotz Rückschlägen

Ambergs Oberbürgermeister Michael Cerny sprach in seiner Begrüßungsrede von leben und leben lassen. Amberg sei eine tolerante und bunte Stadt. Beim CSD Präsenz zu zeigen war ihm wichtig. Nicht immer haben die Union und die queere Gemeinschaft gleiche Vorstellungen. Besonders beim Thema Gendern fährt die Union einen klaren Anti-Gender-Kurs. Vorbehalte kann Phillip Pietsch auch verstehen, sieht aber auch mögliche Lösungen – in einer Rechtschreib-Reform.

Bei allen Problemen: Manche Teilnehmer sehen auch die Fortschritte. Eine Teilnehmerin erzählt, dass sie früher die Schule wechseln musste wegen ihrer Homosexualität, dass das nun aber kein Problem mehr sei.

Die zahlreichen CSD-Veranstaltungen in ganz Deutschland, aber auch in Amberg, scheinen also auch schon Früchte getragen zu haben.

(mz)

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