Ein 77-jähriger Mann braucht nach einer Krebserkrankung einen Blasenkatheter. Alle sechs Wochen muss dieser beim Urologen gewechselt werden – eine intime Situation, in der sich der 77-jährige voll und ganz auf den behandelnden Arzthelfer verlassen muss. Der Wechsel verläuft problemlos, doch als sich der Mann wieder anziehen will, stoppt ihn der Arzthelfer. Er müsse noch sein Gesäß sauber machen – seltsam für einen routinemäßigen Katheterwechsel. Der Patient soll sich vor die Liege stellen und bücken – und er befolgt die Anweisungen. Er ahnt nicht, dass ihn sein 23-jähriger Pfleger vergewaltigen wird.
Ein Pfleger vor Gericht
Ruhig, fast gefasst wirkt Christian B., als er den Gerichtssaal des Landgerichts Weiden betritt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 24-jährige aus Konnersreuth Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Körperverletzung, sowie einen weiteren Fall von sexueller Nötigung vor. Heute hat der Prozess gegen Christian B. begonnen – und gleich zu Beginn legte er ein Teilgeständnis ab.
Nach einem Verständigungsgespräch räumte der junge Mann ein, einen der beiden ihm vorgeworfenen Übergriffe tatsächlich begangen zu haben. Am 7. Juni 2024 habe er seinen Patienten während einer Routinebehandlung vergewaltigt. Mit seinem Geständnis ersparte Christian B. vielen Zeugen eine Aussage – vor allem dem Geschädigten selbst.
Die Tat kommt ans Licht
Der Vorfall am 7. Juni war zunächst unentdeckt geblieben – bis zu einem weiteren Termin im August, bei dem es laut Anklage erneut zu einem Übergriff gekommen sein soll. Nach diesem zweiten Termin sei der 77-jährige wie ausgewechselt gewesen, berichtet seine Tochter vor Gericht. Nervös und den Tränen nahe soll er sich entschlossen haben, die Praxis nie wieder zu betreten. Erst einen Tag später vertraute er sich seinem Schwiegersohn an und schilderte, was geschehen war.
Noch einen Tag später gingen alle drei zur Polizei in Vohenstrauß, wo sie den Fall offiziell zur Anzeige brachten. Christian B. war zu dieser Zeit kein Unbekannter für die Justiz: Zuvor hatte er bereits als Pfleger in einem Altenheim gearbeitet. Schon damals lief gegen ihn ein ähnliches Strafverfahren – das jedoch eingestellt wurde.
Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Antrag eine Haftstrafe von bis zu neun Jahren gefordert. Sie sah in der Tat eine besondere Verwerflichkeit. Das Gericht setzte den Strafrahmen später auf vier bis fünf Jahre fest. Das Urteil gegen den 24-Jährigen soll voraussichtlich in der kommenden Woche fallen.
(sb)