Mo., 05.07.2021 , 15:09 Uhr

Prozess in Weiden: Hätte der Ertrunkene gerettet werden können?

Hätte der ertrunkene Moritz G. überhaupt von seinen Freunden gerettet werden können? Dieser Frage wurde am Landgericht Weiden in mehreren Beweisanträgen nachgegangen.

Im Flutkanalprozess wurden am heutigen Vormittag noch einmal Videosequenzen vom 11. September vergangenen Jahres angesehen. Darauf zu sehen ist die weibliche Angeklagte, die irrtümlicherweise das Selfie-Video einschaltet. Man sieht sie kurz lachen. Es war zu einem Zeitpunkt, als es Moritz G. sehr schlecht ging. Wahrscheinlich ein paar Minuten später stürzt er betrunken in den Flutkanal in Weiden und ertrinkt.

In mehreren Beweisanträgen ging es danach darum, ob die Angeklagten auch Schuld am Tod des jungen Mannes haben. Die Verteidiger verneinen dies. Verteidiger Dr. Schulze führte aus, dass seine Mandantin körperlich gar nicht in der Lage gewesen sei, den Mann zu retten. Hätte sie um Hilfe gerufen, dann wären bis zum Zeitpunkt einer rettenden Herzdruckmassage 10 bis 12 Minuten vergangen. Für eine Rettung zu spät, so Dr. Schulze. Auch eine Alarmierung des Rettungsdienstes hätte dasselbe Ergebnis gehabt. Hinzu komme noch, dass der Tod durch Ertrinken in Zusammenspiel mit Alkohol und Drogen wesentlich schneller eintrete.

Es sind juristische Feinheiten, die den Flutkanalprozess kompliziert machen. Mit ins Kalkül der Überlegungen müssten laut Verteidiger noch weitere Faktoren gezogen werden: die Dunkelheit, die Steile der Böschung hinunter zum Flutkanal, der Alkoholpegel der Angeklagten beziehungsweise die Schulterverletzung des dritten Angeklagten, die potenzielle Gefahr für Passanten, die den jungen Mann vielleicht hätten retten können. Vielleicht, so die Überlegungen, hätten sie sich im Flutkanal bei einer Wasserrettung selbst in Gefahr begeben.

Der Vertreter der Nebenklage Rouven Colbatz sieht vieles an den Haaren herbeigezogen. Wenn, wie auf einem Video zu sehen war, Moritz G. am Boden liegend mühsam sagt, wie schlecht es ihm gehe, warum haben die Freunde dann nicht wenigstens versucht, beim jungen Mann zu bleiben, um zu verhindern, dass er ins Wasser stürzt, so Colbatz. In dieser Zeit hätte einer der Freunde Hilfe holen können und der Sturz mit den fatalen Folgen wäre gar nicht erst passiert.

Schon jetzt ist abzusehen, dass der Prozess in der Verlängerung geht. Ursprünglich war das Ende für diesen Donnerstag angesetzt. Mindestens ein oder zwei weitere Verhandlungstage werden wohl benötigt.

(tb)

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