Mo., 10.02.2025 , 16:37 Uhr

Weiden

Von den abenteuerlichen Anfängen: Geschichte der Demokratie in Bayern

In weniger als zwei Wochen dürfen wir einen neuen Bundestag wählen. Nicht jeder nimmt diese Freiheit war. Dabei ist sie über Jahrhunderte erstritten worden. Wir blicken zum Auftakt unserer Demokratiewoche auf die Geschichte der Demokratie in Bayern.

Nicht stimmberechtigt als Weibsperson – was heute für einen Aufschrei in der Gesellschaft geben würde, war im 19. Jahrhundert in Bayern eine normale Notiz. In solchen Büchern haben die Wahlhelfer festgehalten, wer bei den Wahlen überhaupt stimmberechtigt waren. Nicht nur das Geschlecht spielte dabei eine Rolle – denn Frauen durften erst ab 1919 in Deutschland wählen. Auch das Gehalt war von Bedeutung. Denn nur, wer einen bestimmten Steuersatz bezahlte, durfte politisch mitbestimmen.

Das sei aber auch die Grundidee des Parlamentarismus gewesen, so Dr. Sebastian Schott, Leiter des Stadtarchivs Weiden: Wer viel in die Staatskassen einbezahlt, der soll auch mitbestimmen, was mit dem Geld passiert.

Bayern war damals im 19. Jahrhundert – die ersten Wahlen fanden 1818 statt – noch immer eine Monarchie. Der König hatte also das Sagen. Aber das Parlament hatte das Budgetrecht, sprich: es durfte über den Haushalt entscheiden. Das waren aber auch schon die wichtigsten Kompetenzen des Parlaments. Nicht nur die Zahl der Wahlberechtigten war also in den Anfängen der Demokratie noch eingeschränkt, auch die Befugnisse der Abgeordneten. Die auch nicht direkt gewählt wurden, sondern über Wahlmänner. Was ganz praktische Gründe hatte: Die Wege waren oft weit, Wahlmänner sollten außerdem auch extreme Meinungen herausfiltern.

Keine amtliche Wahlzettel

Parteien kamen erst in den 1860er Jahren auf. Die Deutsche Fortschrittspartei hat sich 1861 gegründet, die SPD 1875. Drei Jahre später wurde die SPD für zwölf Jahre sogar schon wieder verboten, weil Bismarck in der Sozialdemokratie ein gemeingefährliches Bestreben sah. Die Opposition einfach ausschalten – das ist heute in einer ausgereiften Demokratie wesentlich schwieriger. Dafür braucht es jahrelange Prüfverfahren und triftige Gründe. Die Demokratie ist heute also längst ausgefeilter als damals.

Zu den Spielregeln, die sich über die Jahrzehnte erst geformt haben, gehört auch der Wahlzettel. Anfangs durften die Menschen ihre Zettel selbst mitbringen. Großgrund- und Fabrikbesitzer haben den Gang zur Wahlurne und die dafür notwendigen Zettel damals nicht selten noch gemeinschaftlich organisiert – auch um Einfluss auf das Wahlverhalten zu nehmen. Erst seit 1953 gibt es amtliche Wahlzettel.

Die Demokratie hat sich also über Jahrzehnte und Jahrhunderte entwickelt. Bayern hat die Wahlmänner 1905 abgeschafft, Frauen ab 1919 die Stimmberechtigung erteilt und dann auch mit der Abschaffung der Monarchie die Befugnisse des Parlaments erweitert. Kaum nachzuvollziehen, dass von diesen Errungenschaften zuletzt bei der Bundestagswahl 2021 in Bayern 20 Prozent der Wahlberechtigten nicht Gebrauch machten und gar nicht erst zur Wahl gingen… (mz)

 

Weiterführende Beiträge:

(mz)

Bundestagswahlen Demokratie Dr. Sebastian Schott Geschichte Historie Michael Weigl Oberpfalz Oberpfalz TV OTV Wahlen

Das könnte Dich auch interessieren

05.12.2024 So spektakulär sind die 1920er Jahre in der Stadt Weiden Weiden in den 1920er Jahren. Ein Imagefilm zeigt die vielfältige Geschäftswelt der Stadt, die damals knapp 20.000 Einwohner hatte. Also weniger als halb so viel wie heute. Modetrends, künstlerische Kreativität, ja ein gewisses Maß an Freude am Leben dominiert in Weiden in den goldenen 20er Jahre, zwischen Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise – also von 1924 bis 16.09.2025 Urlaub Dahoam: Heimatgeschichte im Stadtmuseum Weiden Wer durch die Türen des Stadtmuseums Weiden tritt, betritt ein Haus voller Geschichten. Einst war das Gebäude ein Getreidelager, dann ein Schulhaus – und bis heute zeugen die beiden „Schwarzen Küchen“ davon, wie hier früher über offenem Feuer gekocht wurde. Heute ist das Museum ein spannender Ort, der weit mehr zeigt als alte Kochstellen: wechselnde 24.01.2025 Maria Otto: Die erste Anwältin Deutschlands war eine Weidnerin Vor rund 100 Jahren, in einer von den Umbrüchen der Nachkriegszeit und neuen gesellschaftlichen Strömungen geprägten Zeit, schrieb eine Frau aus Weiden Geschichte: Maria Otto wurde Deutschlands erste Anwältin. Ihre Errungenschaften sind beispielhaft für den Wandel der 1920er Jahre. Denn insbesondere Frauen hatten sich neue Rechte und berufliche Möglichkeiten hart erkämpft. Der Kampf um den 31.10.2025 Was junge Menschen von der Demokratie erwarten – Aktion „Schule trifft Landtag“ 98 Prozent der bayerischen Bürger haben Vertrauen in die Demokratie. Das ist das Ergebnis des Demokratiereports 2025, den der Bayerische Landtag nun zum zweiten Mal erhoben hat. Ein Detail, das Landtagspräsidentin Ilse Aigner aber Sorgen macht: Unter jungen Menschen lag diese Zustimmung zur Staatsform Demokratie etwas niedriger: statt bei 98 nur bei 93 Prozent. Um